08/18/2023

Der Konsolidierungskurs des Bundesfinanzministeriums ist sachgerecht. Finanzpolitische Solidität ist nachhaltig und damit im Interesse der Arbeitgeber. Nicht nachhaltig ist hingegen, wenn die notwendigen Einsparungen im Bundeshaushalt durch Kostenverlagerungen in die Sozialversicherung erfolgen.

Wer Aufgaben zu Lasten der Arbeitslosenversicherung verlagert und Zuschüsse zur Renten- und zur sozialen Pflegeversicherung kürzt, spart nicht, sondern bucht lediglich eigene Lasten auf das Konto der Beitragsgemeinschaft um.

Die im Referentenentwurf vorgesehenen Maßnahmen laufen darauf hinaus, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag mittelfristig noch stärker als ohnehin steigt, was gerade personalintensive Betriebe und Beschäftigte in unteren Lohngruppen besonders stark treffen wird.

Im Einzelnen

Teure Kostenverlagerung auf die Arbeitslosenversicherung darf nicht zu Lasten der Jugendlichen gehen

Kosten in die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung zu verschieben, um den Bundeshaushalt zu entlasten, ist nicht akzeptabel. Kostenverlagerung ist keine Einsparung und führt weiter zu erheblichen Belastungen der Arbeitgeber und Bürgerinnen und Bürger. Notwendige Einsparungen müssen vielmehr durch die Reduzierung nicht erforderlicher Ausgaben des Bundes vorgenommen werden. Die Verlagerung der Zuständigkeit für die aktive Arbeitsmarktförderung von Bürgergeldbeziehenden unter 25 Jahren von den Jobcentern zu den Arbeitsagenturen ist ein reiner Kunstgriff zur Entlastung des Bundeshaushaltes zu Lasten der Beitragsgemeinschaft der Arbeitslosenversicherung. Den Griff in die Beitragskasse der Arbeitslosenversicherung wendet die Bundesregierung nicht zum ersten Mal an. Aktuell ist die Bundesagentur für Arbeit organisatorisch, personell und finanziell an ihrer Belastungsgrenze und bekommt trotzdem immer neue Aufgaben und administrative Änderungen übertragen. Das kann nicht dauerhaft gutgehen und darf nicht zum Nachteil der Jugendlichen geschehen, die auf eine optimale und zielgerichtete Unterstützung angewiesen sind.

Senkung von Bundeszuschüssen bei gleichzeitiger Leistungsausweitung treibt Beitragssätze nach oben

Es ist das Gegenteil einer durchdachten Sozialpolitik, der Renten- und Pflegeversicherung die Zuschüsse zu kürzen, während gleichzeitig teure Leistungsausweitungen in der Pflegeversicherung in Kraft treten und ein milliardenschweres Rentenpaket vorbereitet wird. So wird unverantwortlich eine neue Beitragsspirale in Gang gesetzt. Gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Situation müssen alle zusätzlichen Belastungen vermieden werden. Wir brauchen eine Beitragssatzbremse und einen klaren Fahrplan, wie der Gesamtbeitragssatz wieder auf unter 40 % begrenzt werden kann. Dies gilt vor allem im Interesse von personalintensiven Betrieben und Beschäftigten in unteren Lohngruppen, die besonders durch hohe Sozialbeiträge belastet werden.

Die Politik muss endlich ihre Hausaufgaben machen und nachhaltige und ausgabensenkende Strukturreformen angehen. Schon heute ist der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz auf fast 41 % geklettert. Mit der bereits angekündigten Anhebung des durchschnittlichen Zusatzsatzbeitrages in der gesetzlichen Krankenversicherung um 0,2 bis 0,4 Punkte wird er auf über 41 % steigen. Ein Anstieg der gesamten Beitragssätze auf 42 % bis zum Ende dieser Legislaturperiode ist kein Worst-Case-Szenario, sondern sehr wahrscheinlich.

Weniger kapitalgedeckte Vorsorge in der Pflege ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit

Das Bundesfinanzministerium setzt sich zu Recht in der Alterssicherung für mehr Kapitaldeckung ein. Dazu passt aber nicht, wenn jetzt mit dem Haushaltsfinanzierungsgesetz der Aufbau von Kapitaldeckung in der Pflegeversicherung zurückgefahren wird und damit künftig in der Pflegeversicherung weniger Mittel zur Beitragsentlastung zur Verfügung stehen. Das Ergebnis wäre weniger kapitalgedeckte Ergänzung der Sozialversicherung und damit das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Bedauerlicherweise wird darauf jedoch im Abschnitt „Nachhaltigkeitsaspekte“ des Entwurfs (S. 14) auch nicht ansatzweise eingegangen.

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