12/09/2021

Der aktuelle MINT-Herbstreport wurde im Rahmen einer Diskussionsrunde des Nationalen MINT Forums der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Bericht wird vom Institut der Deutschen Wirtschaft halbjährlich im Auftrag von Gesamtmetall, BDA und der Nationalen Initiative "MINT Zukunft schaffen" erstellt. Er enthält alle aktuellen Entwicklungen und Analysen zu Angebot und Nachfrage auf dem MINT-Arbeitsmarkt sowie Kennzahlen zur MINT-Bildung. Ein Schwerpunkt des aktuellen Berichts liegt auf der Situation von Frauen in MINT-Berufen.

 

Die bundesweite Arbeitskräftelücke im MINT-Bereich liegt wieder deutlich höher als im Oktober 2020 und sogar höher als im entsprechenden Vergleichsmonat vor Corona im Jahr 2019. Strukturelle Effekte durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie werden den Bedarf in den kommenden Jahren noch einmal deutlich erhöhen, während durch die Pandemie ein Rückgang des MINT-Nachwuchses zu befürchten ist. Der geringe Frauenanteil in den MINT-Berufen von lediglich 15,5 Prozent (März 2021) ist besorgniserregend.

 

Das Gutachten kommt daher zu folgenden Handlungsempfehlungen: Um die strukturellen Herausforderungen der Zukunft zu meistern, sind zunächst Nachholprogramme zur Schließung der corona-bedingten Lernlücken an den Schulen systematisch und flächendeckend umzusetzen, die Digitalisierung der Bildung ist weiter voranzubringen, die MINT-Bildung an Schulen zu stärken, die Potenziale der Frauen durch Mentoring, Berufsorientierung und besseres Feedback zu erschließen und die Chancen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes zu nutzen.

 

Die zentralen Ergebnisse im Einzelnen:

 

MINT-Lücke übertrifft Vorpandemie-Niveau: Im Oktober 2021 standen in den MINT-Berufen insgesamt rund 460.900 unbesetzte Stellen zur Verfügung. Gleichzeitig waren bundesweit 186.984 Personen in MINT-Berufen arbeitslos gemeldet. Unter Berücksichtigung der für die Stellen geforderten und bei den Bewerbern vorhandenen Qualifikationen bestand im Oktober 2021 über sämtliche MINT-Berufskategorien hinweg sogar eine Arbeitskräftelücke in Höhe von 276.900 Personen. Im Vergleich zum Oktober 2020 entspricht dies einem Zuwachs in Höhe von 155 Prozent; erstmals wieder wird die Lücke im Vergleichsmonat vor der Corona-Pandemie übertroffen (Oktober 2019: 263.000).

 

Stärkster Bedarf im Facharbeiter-Segment und in den Energie-/Elektroberufen: Mit 130.100 Personen bestehen die größten Engpässe in den MINT-Facharbeiterberufen, gefolgt von 103.500 Personen im Segment der MINT-Expertenberufe sowie 43.200 bei den Spezialisten (Meister- und Techniker). Differenziert nach MINT-Bereichen zeigt sich der größte Engpass in den Energie-/Elektroberufen mit 81.300, in den Maschinen- Fahrzeugtechnikberufen mit 49.000, in den IT-Berufen mit 46.400, in den Berufen der Metallverarbeitung mit 40.700 und in den Bauberufen mit 37.900.

 

Demografischer Ersatzbedarf steigt: In den kommenden Jahren werden jährlich über 62.200 MINT-Akademiker aus Altersgründen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. In fünf Jahren wird der jährliche demografische Ersatzbedarf sogar auf 68.800 zunehmen. Rund zwei Drittel der Studienabsolventen werden rechnerisch allein dafür benötigt, den Ersatzbedarf zu decken. Bei den MINT-Facharbeitern beträgt der aktuelle demografische Ersatzbedarf rund 270.800 pro Jahr und wird in fünf Jahren auf 291.200 steigen. Das jährliche Neuangebot an beruflich qualifizierten MINT-Facharbeitern wird damit in den kommenden Jahren deutlich unter dem demografischen Ersatzbedarf liegen.

 

Steigender Fachkräftebedarf für Energiewende: Rund 32 Prozent aller Unternehmen erwarten, dass sich der Bedarf an IT-Experten zur Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte in den kommenden fünf Jahren erhöhen wird. 19 Prozent erwarten einen steigenden Bedarf an Ingenieuren bzw. Umweltingenieuren. Bei Unternehmen mit einer Größe ab 250 Mitarbeitern erwarten sogar 63 Prozent einen steigenden Bedarf an IT-Experten, 43 Prozent einen steigenden Bedarf an Ingenieuren/Umweltingenieuren, 32 Prozent an sonstigen MINT-Experten und 43 Prozent an sonstigen Fachkräften zur Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte.

 

Starker Zuwachs bei der Beschäftigung im IT-Bereich: Während die Beschäftigung in den MINT-Facharbeiterberufen von Ende 2012 bis zum Ende des ersten Quartals 2021 um 2,2 Prozent anstieg, nahm die Zahl der IT-Fachkräfte um 51,9 Prozent zu. Bei den Spezialistenberufen (Meister/Techniker) lagen die Zuwächse für die MINT-Berufe insgesamt bei 11,7 Prozent und bei den IT-Spezialisten bei 17,5 Prozent. In den akademischen Berufen lag der Zuwachs bei den MINT-Experten insgesamt bei 37,5 Prozent und bei den IT-Experten bei 96,9 Prozent.

 

Frauen trotz leichten Fortschritten weiterhin stark unterrepräsentiert: Der Frauenanteil in den MINT-Berufen hat sich von Ende 2012 bis Ende März 2021 von 13,8 auf 15,5 Prozent nur leicht erhöht. In den MINT-Facharbeiterberufen stieg der Frauenanteil sogar nur von 13,0 auf 13,8 Prozent, in den MINT-Spezialistenberufen von 12,5 auf 14,4 Prozent und in den MINT-Expertenberufen von 18,5 auf 21,4 Prozent.

 

Frauenanteil in IT-Berufen und E-Technik weiterhin niedrig: Der Anteil der Frauen in den IT-Facharbeiterberufen ist von 15,5 Prozent Ende 2012 auf 15,1 Prozent Ende März 2021 gesunken, bei den IT-Spezialistenberufen stieg der Frauenanteil im selben Zeitraum leicht von 19,8 auf 21,5 Prozent und in IT-Expertenberufen von 13,7 auf 16,3 Prozent. In den fachlich ausgerichteten Tätigkeiten der Energie und Elektrotechnik nahm der Frauenanteil von 6,8 Prozent Ende 2012 nur leicht auf 7,0 Prozent Ende März 2021 zu. In den Spezialistentätigkeiten stieg die Quote von 16,1 auf 16,6 Prozent und im Ingenieurbereich von 7,6 auf 9,8 Prozent.

 

Hoher Frauenanteil in mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufen: Auf Ebene der Facharbeiterberufe beträgt der Frauenanteil Ende März 2021 hier sogar 90,0 Prozent – ein leichter Rückgang von 91,6 Prozent Ende 2012. Bei Spezialistentätigkeiten ist der Frauenanteil im selben Zeitraum von 24,6 Prozent auf 28,3 Prozent gestiegen. Bei den akademischen Biologen und Chemikerberufen nahm der Frauenanteil von 39,3 Prozent auf 45,8 Prozent zu, bei Mathematiker- und Physikerberufen von 27,9 auf 30,2 Prozent. Bei den sonstigen naturwissenschaftlichen Expertenberufen sank der Anteil leicht von 74,4 auf 72,7 Prozent.

 

Überproportional hohes MINT-Beschäftigungswachstum von ausländischen Arbeitnehmern: Die Beschäftigung von Deutschen in MINT-Facharbeiterberufen ist zwischen Ende 2012 und Anfang 2021 leicht gesunken (-2,1 Prozent), unter Ausländern nahm die Beschäftigung in MINT-Facharbeiterberufen hingegen um 55,0 Prozent zu. In MINT-Spezialistenberufen gab es einen Zuwachs unter Deutschen von 8,4 Prozent und unter Ausländern von 81,1 Prozent. In MINT-Akademikerberufen betrugen die Zuwächse unter Deutschen 30,9 Prozent und unter Ausländern 133,7 Prozent. Wäre die Beschäftigung von Ausländern seit Ende 2012 nur in der geringen Dynamik wie die Beschäftigung von Deutschen gestiegen, würde die Fachkräftelücke heute um 280.400 Personen höher ausfallen und damit einen Wert von über einer halben Million MINT-Kräfte erreichen.

 

Den kompletten Bericht finden Sie unter arbeitgeber.de in den News.

 

VOILA_REP_ID=C12584EA:004A36F5