06/15/2022

Theoretisch war schon vor Wochen klar, dass die Steuersenkung an der Tankstelle nicht vollständig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden würde. Autofahrerinnen und Autofahrer sind darauf angewiesen, zu tanken, sie können nicht auf Alternativen ausweichen. Die Verkäuferseite wiederum hat auch andere Abnehmerinnen und Abnehmer für ihre Produkte. Tatsächlich sind die Preise in vielen Ländern zuletzt stark gestiegen. Schon deshalb ist der Tankrabatt nicht geeignet, um auf gestiegene Preise zu reagieren.

Problem wird nicht gelöst

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schlägt nun vor, das Kartellrecht zu verschärfen – er will also ein fehlkonstruiertes, falsches Mittel reparieren. Dadurch verbessert sich die Lage keineswegs: Zunächst hat das Bundeskartellamt bereits Ermittlungen aufgenommen, um zu klären, warum die Preise an der Tankstelle und die Abgabepreise der Raffinerien sich stark unterscheiden. Zusätzlich werden die Preise an den Tankstellen nahezu in Echtzeit erhoben, was die Preisbildung transparent macht – Untersuchungen zufolge führt das Vorgehen auch zu mehr Wettbewerb und verhindert Kartellbildung. Hier nun mit Gewinnabschöpfung und Zerschlagung zu drohen, wie es das Bundeswirtschaftsministerium anregt, macht lediglich dann Sinn, wenn eine Drohkulisse aufgebaut werden soll, um doch noch eine vollständige Weitergabe der Steuersenkung zu erreichen. Selbst wenn der Drohung Taten folgen, würde das am akuten Problem nichts ändern: Der Gesetzgebungsprozess dauert weit über September hinaus, eine nachträgliche Abschöpfung wäre schwierig. Ganz abgesehen von den negativen Konsequenzen, die ein politischeres Kartellrecht und ein Staat, der mit Zerschlagung droht, haben können. 

Staat ist an hohen Preisen mitverantwortlich

Der Tankrabatt selbst und die jetzigen Forderungen zu seiner Umsetzung erscheinen daher wenig zweckdienlich, um das Problem der hohen Preise zu lösen. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass der Staat über die Mehrwertsteuer an der Entwicklung partizipiert und durch die CO2-Abgabe für einen Teil der Preisbildung mitverantwortlich ist. Anstatt jedoch populistische Maßnahmen zu ergreifen – die nicht wirken – sollte der Staat lieber direkt den betroffenen Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen, beispielsweise über eine höhere Pendlerpauschale oder das im Wahlkampf von den Grünen geforderte Klimageld. Mit den Einnahmen könnten die Bürgerinnen und Bürger frei entscheiden und wären nicht auf die Fahrt zur Tankstelle angewiesen, um zu profitieren.

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