05/05/2022

Für das Basisszenario (fortgesetzte Gaslieferungen, keine weiteren ökonomische Eskalationen) erwarten die Institute im Jahresdurchschnitt 2022 einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,7 % und im kommenden Jahr um 3,1 %. Die Prognose für das laufende Jahr wird damit gegenüber der Herbstprognose 2021, die noch von einem Wirtschaftswachstum von 4,8 % ausgegangen ist, deutlich nach unten korrigiert. Der Erholungsprozess der deutschen Wirtschaft verzögert sich abermals. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft nun jedoch stärker wachsen als im Herbst 2021 angenommen, die Prognose für 2023 liegt mit 3,1 % deutlich über den zunächst prognostizierten 1,9 %. Die Verbraucherpreise sollen in 2022 so stark wie seit 40 Jahren nicht um 6,1 % steigen, 2023 wird ein Anstieg um 2,8 % erwartet.

Im Alternativszenario (EU ohne Energierohstoffe aus Russland) wird ein Zuwachs des BIP um 1,9 % in 2022 und ein Rückgang um 2,2 % im kommenden Jahr erwartet. Im Falle eines Lieferstopps für russische Energie würden die Verbraucherpreise um 7,3 % steigen, dies wäre der höchste Wert seit Bestehen der Bundesrepublik. Im kommenden Jahr wäre mit einer Teuerungsrate von 5,0 % zu rechnen

Der Arbeitsmarkt ist bislang robust. Das Arbeitsvolumen dürfte durch die Verzögerung in der Produktion im Jahresverlauf sowohl im Basis- als auch Alternativszenario ansteigen. Die Erhöhung des Mindestlohns wird sich voraussichtlich negativ auf die Beschäftigung auswirken. Durch den Flüchtlingszustrom wird mit einer Erhöhung des Erwerbspersonenpotentials gerechnet. Die Erwerbstätigkeit dürfte in diesem Jahr im Basisszenario um 534 000 Personen wachsen und die Zahl der Arbeitslosen um 320 000 zurückgehen. Die Arbeitslosenquote wird 2022 und 2023 auf 5,0 % der Erwerbspersonen zurückgehen.

Im Basisszenario wird erwartet, dass sich das Defizit der öffentlichen Haushalte verringert, weil Corona-Hilfen auslaufen, die Staatseinnahmen im Zuge des Aufschwungs steigen und die Sondervermögen für Klimaschutz und Verteidigung wohl nur in geringem Umfang abfließen. Das Defizit sinkt laut Prognose auf 52,2 Mrd. Euro im laufenden Jahr und auf 27,9 Mrd. Euro im kommenden Jahr. Bei einem Lieferstopp wird 2022 ein Defizit von gut 76 Mrd. Euro (2,0 % in Relation zum BIP) erwartet und für 2023 von etwa 160 Mrd. Euro (4,1 % in Relation zum BIP).

Bewertung
Die Gemeinschafsdiagnose zeigt auf, dass die deutsche Wirtschaft durch den Ukraine-Krieg erheblich an Wachstum und Erholungspotential einbüßt. Hinsichtlich der Preisentwicklung sorgen sowohl die Nachholeffekte der Pandemie im Konsum als auch die Folgewirkungen des Kriegs für steigende Teuerungsraten. Die Erstellung von zwei Szenarien verdeutlicht, dass für die deutsche Wirtschaft erhebliche Unsicherheiten bestehen. Sollte es zu einem Energie-Embargo kommen, dürfte uns eine weitreichende Rezession bevorstehen. Richtigerweise hat die Bundesregierung Hilfsmaßnahmen für die deutsche Wirtschaft angekündigt. Jetzt muss es darum gehen, diese zeitnah und unbürokratisch umzusetzen. Erforderlich ist zusätzlich ein Belastungsmoratorium. Dadurch werden die staatlich gewährten Liquiditätshilfen nicht durch neue bzw. zusätzliche steuerliche oder bürokratische Pflichten aufgebraucht und das Risiko, dass Unternehmen unnötig in Finanznöte geraten, wird gesenkt.

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