09/02/2021

Der Bildungsmonitor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für die INSM beschreibt Handlungsnotwendigkeiten und Fortschritte in zwölf bildungsökonomisch relevanten Handlungsfeldern aus ökonomischer Perspektive. Neben Fragen der Wohlstandssicherung durch Bildung und Bildungsgerechtigkeit liegt in diesem Jahr auch ein Augenmerk auf den Auswirkungen der Corona-Krise.

Vier Befunde werden besonders hervorgehoben, an die fünf Handlungsempfehlungen anschließen:

  1. Die besten Ergebnisse im Durchschnitt der quantitativ bewerteten zwölf Handlungsfelder erreichen im Bildungsmonitor 2021 Sachsen und Bayern. Mit etwas Abstand folgen Hamburg, Thüringen, Saarland und Baden-Württemberg. Das Mittelfeld reicht von Hessen auf Platz 7 bis Brandenburg auf Platz 15. Mit Abstand folgt auf dem letzten Platz Bremen. Die Indikatorik bildet den Zeitpunkt 2018 bis 2020 ab (bis zum Beginn der Corona-Krise).
  2. Die größten Rückschritte gab es bei der Schulqualität (-18,0 Punkte), der Integration (-14,9 Punkte) und der Reduzierung von Bildungsarmut (-3,5 Punkte). Bei der beruflichen Bildung (-7,0 Punkte.) zeigen sich bereits coronabedingte Herausforderungen in den Daten.
  3. Die Digitalisierung ist sowohl wichtig in Bezug auf die Infrastruktur des Bildungssystems, zugleich sind digitale Kompetenzen auch von besonderer Bedeutung, um die Herausforderungen der Digitalisierung und Dekarbonisierung zu meistern. Großen Nachholbedarf haben die fünf ostdeutschen Flächenländer sowohl bei der Verfügbarkeit schnellen Internets an Schulen als auch bei der IT-Fachkräftesicherung und der Forschung im Bereich Digitalisierung.
  4. Die sich bereits in den letzten Jahren verschlechternden Bewertungen für Schulqualität, Bildungsarmut und Integration drohen sich im Zuge der Corona-Krise weiter zu verschärfen. Dies belegt eine Studie des Forschungsinstituts Civey im Sommer 2021, in der Eltern schulpflichtiger Kinder und Lehrkräfte befragt wurden.

Bei diesen Befunden überraschen die Handlungsempfehlungen des Bildungsmonitors wenig:

Digitalisierung der Schulen weiterentwickeln – die Studie benennt einen Bedarf von 20.000 zusätzlichen IT-Stellen an den Schulen und fordert u.a. intelligente Lernsoftware, die Schülerinnen und Schüler motiviert und Lerndefizite individuell beheben kann.

MINT stärken – Die ICILS-Studie hat gezeigt, dass es keine Fortschritte bei den informations- und computerbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler  von 2013 bis 2018 gegeben hat. MINT sollte bereits in der frühkindlichen Bildung mehr Gewicht bekommen, entsprechend sollten MINT-Fortbildungsangebote für Fachkräfte in der frühen Bildung und an Grundschulen ausgebaut werden.

Gezieltes Corona-Aufholprogramm – Um die negativen Effekte der Pandemie auf die Bildung der Schülerinnen und Schüler zu verringern, sind neben der weiteren Digitalisierung zusätzliche Fördermaßnahmen für Schülerinnen und Schüler mit Lernverlusten durchzuführen. Lerndefizite sollen anhand von Vergleichsarbeiten ermittelt und mithilfe von zusätzlichem Förderunterricht und Mentoring-Programmen auch in den Ferien behoben werden.

Ausbau der Infrastruktur – Über die Corona-Krise hinaus sollten Bildungschancen durch einen Ausbau der Infrastruktur verbessert werden, insbesondere des Ganztags an Kitas und Schulen. Zur Stärkung der Qualität sollte eine Ausweitung multiprofessioneller Teams und eine Weiterentwicklung zu Familienzentren vorgesehen werden.

Gezielter investieren – Finanzielle Ressourcen für das Bildungssystem sollten zielgerichtet verteilt werden. Dazu sollten Stellen für Chancenbeauftragte an Schulen geschaffen werden mit dem Ziel, die im Zuge der Corona-Krise entstandenen Einbußen an Chancengleichheit zu kompensieren und nachhaltig bessere Bildungschancen zu erreichen.

Bewertung: Der Bildungsmonitor des IW 2021 bestätigt den Eindruck, dass die Digitalisierung im Bildungsbereich unzureichend ist, zumal in Ostdeutschland. Mit dem Digitalpakt Schule haben Bund und Länder sowohl die digitale Infrastruktur der Schulen als auch die medienpädagogische Qualifizierung von Lehrkräften zum Ziel erklärt. Dies muss endlich umgesetzt werden. Ebenso wird der Eindruck nun weiter konkretisiert, dass die Schulschließungen gravierende Auswirkungen vor allem auf solche Schülerinnen und Schüler haben, die auf die Bildungsleistung der Schule besonders angewiesen sind. So zeigten sich in einer Umfrage Eltern in Regionen mit geringerer Kaufkraft betroffener als in anderen Regionen. Ein Corona-Aufholprogramm mit gezielter Diagnose der Lernstände und systematischem Schließen der Lernlücken ist dringend notwendig; erfolgreiche Elemente eines solchen Programms könnten darüber hinaus dauerhaft zu besseren Bildungschancen beitragen. Eine neue Stelle in der Schule ist dafür nicht erforderlich, wohl aber ein neuer Stellenwert für das Handlungsfeld Schulqualität in der Bildungspolitik. Auch das Thema MINT bleibt aktuell und dringlich.

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